Freitag, 19. Dezember 2008

Gedanken zu Weihnachten

Jan schreibt:

Jetzt ist es also wieder so weit: Weihnachten steht vor der Tür! Und irgendwie scheint sich
alles um uns herum plötzlich zu verändern, vor allem unserer Mitmenschen.
Über Allem liegt ein Hauch von Wunsch nach Frieden, Beschaulichkeit, menschlicher Wärme und Harmonie. Wir nehmen uns mehr Zeit füreinander, beispielsweise wenn wir uns auf dem Weihnachtsmarkt treffen. Wir kommen ins Gespräch mit Leuten, die wir sonst nur kurz flüchtig grüßen würden. Plötzlich empfinden wir Mitgefühl mit Obdachlosen und „Bettlern“, an denen wir sonst achtlos vorbeigehen würden, und suchen in unseren Taschen nach verbliebenen Münzen.
Der übliche Zeitdruck weicht dem Wunsch nach Verweilen, die Ichbezogenheit dem Wunsch nach Kommunikation. Dort wo diejenigen Offenbacherinnen und Offenbacher wohnen, die in ihrem Alltag am wenigsten zu Lachen haben, erstrahlen die Fenster der tristen Wohnsiedlungen ungleich am stärksten in weithin nach außen sichtbarer Festbeleuchtung.
Halte die Zeit an, vergiss sämtliche Ängste und Nöte, denn es ist Weihnachten! , scheinen mir ihre Minen zu sagen. Doch all zubald ist der Weihnachtszauber auch schon wieder vorbei, und wir finden uns wieder im grauen Alltag. Spätestens wenn wir die neueste Rechnung unseres geschätzten Energieversorgers im Briefkasten vorfinden.

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Lasst uns froh und munter sein

Nadine schreibt:

Alle Jahre wieder stehen wir auf dem Offenbacher Weihnachtsmarkt und fragen uns: was müsste man eigentlich anders machen, damit auch hier weihnachtliche Stimmung aufkommt? Derzeit schreibt die Stadt die Ausrichtung des Weihnachtsmarktes neu aus.

Ich persönlich (vielleicht sollte ich mich bewerben) würde ähnlich aussehende und niedrigere Hütten für alle Stände zur Bedingung machen. Bei den Verkaufsständen müssten mehr hochwertige Handwerksstände her. Weihnachtslieder gehören auch dazu – bitte bitte keine Skihüttenmusik mehr, das ertragen meine empfindlichen Ohren nicht.

Das allerwichtigste aber ist der Standort. Bei Besuchen von wirklich atmosphärischen Weihnachtsmärkten dieses Landes stellt man fest: das hat sehr viel mit der Umgebung zu tun. Alte Häuserbestände sind doch viel heimeliger als unser „hübsches“ 70er Jahre Rathaus und den grauen Bürogebäuden davor. Wohin müsste unser Weihnachtsmarkt also umziehen? Natürlich auf den bald umgestalteten Wilhelmsplatz!

Ja - ich weiß, dass ist utopisch - die Marktbeschicker würden mit Sicherheit eher in den Sitz- bzw. Standstreik treten als auch nur einen Zentimeter zur Seite zu rücken. Aber es wäre doch sooo schön und vielleicht noch eine kleine Eisbahn daneben zum Schlittschuhfahren, und…

Montag, 8. Dezember 2008

Eine Stadt und ihr Stadion

Nadine schreibt:

Viel wird im Moment über einen Umbau oder Neubau des Kickers-Stadions gesprochen und geschrieben. Die immer wieder gestellte Frage lautet: sollte eine hochverschuldete Stadt mit sehr begrenzten Investitionsmitteln Zuschüsse für die Renovierung eines Profi-Fußballstadions gewähren? Wie groß ist die Bedeutung des OFC für Offenbach?

Ich finde die Fans haben durchaus Recht, wenn sie behaupten, die Kickers seien ein Aushängeschild für unsere Stadt. Vielleicht ist die Aussage, der Fußballclub sei „weltweit“ bekannt etwas übertrieben, aber für Deutschland trifft das allemal zu. Als ich nach Offenbach zog hörte ich von meinen Bekannten im hohen Norden Deutschlands tatsächlich oft: „Du ziehst nach Offenbach? Wo liegt das noch mal? Ach ja, da sind doch die Kickers (wahlweise wurde auch „das Klingspormuseum“ genannt)!

Nicht zu unterschätzen sind auch die emotionalen Befindlichkeiten der Offenbacher – unverständlicherweise trotzen diese ja nicht gerade vor Selbstbewusstsein. Auf eine Sache sind sie aber (fast) immer stolz - auf ihre Kickers. Den Stolz einer Stadt zu stärken trägt immer auch zu dessen Image bei – die Förderung dieses Selbstbewusstseins sollte deshalb eines der politischen Ziel der Offenbacher Parteien sein.

Ich halte den Vorschlag der SPD-Fraktion im Stadtverordnetenparlament für sehr sinnvoll: die Stadt gibt einen Teilzuschuss zu einem Stadionum- oder neubau, fordert direkte Landeszuschüsse ein (im Gegensatz zur Mogelpackung Landesausgleichsstock) und der Verein findet (auch mit Hilfe der Stadt) einen zusätzlichen Sponsor für das Stadion. Auf diese Weise wird sowohl dem Offenbacher Haushalt als auch der Offenbacher Seele Rechnung getragen.

Dienstag, 25. November 2008

"Unerträglicher Zeitgeist"

Rainer schreibt in einem Leserbrief an die ZEIT-Redaktion zu einem Artikel von Joseff Joffe:


Unter der Überschrift Stalin am Main gibt Josef Joffe wieder einmal seine Meinung zum Besten: unverstellt, pointiert – und unerträglich, zynisch, demagogisch. Das Wörterbuch des Unmenschen dient ihm diesmal dazu, eine Linie von der Sprache und den Untaten des Nationalsozialismus über die Entgleisungen der linkstotalitären Regime des 20. Jahrhunderts direkt zu den aktuellen sogenannten hessischen Verhältnissen zu ziehen. Ein wahrhafter Parforceritt.
Dass eine Partei unmenschlich mit Widerständlern verfahren würde, wenn sie von ihren Mandatsträgern erwartet, dass diese eindeutige Mehrheitsbeschlüsse nach einem sorgfältigen und höchst transparenten Meinungsbildungsprozess mittragen, verstehe, wer will. Aber vielleicht erschließt sich diese Denkweise letzten Endes nur demjenigen, der nachvollziehen kann, dass eine demokratisch legitimierte Parteitagsmehrheit zum Tyrannen mutieren kann. Herr Joffe, da müssen Sie Ihren Lesern wohl noch etwas erklären! Wie bitte soll politisches Handeln anders organisiert werden, wenn nicht über Mehrheitsentscheidungen? Jedenfalls in einer Demokratie. Gewissensentscheidungen ausgenommen. Aber es ist schwer zu begreifen, wenn das Gewissen erst nach den endgültigen Personalfestlegungen spricht, erst dann, wenn eigene Karriereansprüche ins Wanken geraten könnten.
Die hessische SPD hat im Wahlkampf vor allem eines versprochen: eine Politikwende, die Herrn Koch und dessen Politik überwindet. Übrigens genau den Herrn Koch, der seinerzeit mit Methoden und Argumenten an die Macht gekommen ist, die durchaus als grenzwertig zu bezeichnen sind und die sich vom Vokabular des Schreckens leider ganz und gar nicht ausreichend unterscheiden.
DIE ZEIT hat sich als liberale publizistische Stimme in Deutschland immer auch dadurch ausgezeichnet, dass sie sich und ihren Lesern ein weites Meinungsspektrum zumutete. Die zugespitzte Meinung eines der Herausgeber dieses Blattes ist also nichts Besonderes. Aber Beiträge wie dieser Artikel dienen nicht der Aufklärung und dem vernünftigen Argument. Sie vergiften die Debatte und schrecken dabei nicht davor zurück, gedankliche Verbindungen herzustellen, die diffamieren und den gesellschaftlichen Frieden beschädigen können. Vielleicht aber ist das eben Zeitgeist – Zeitgeist, wie dieser Meinungsartikel schließlich rubriziert ist."